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Sind Sie ein Coach der passiv-aggressive Methoden anwendet? „Na, wenn Du meinst…“

coachingmethode

Das Wohlbefinden meiner Sportler*innen steht bei mir im Vordergrund. Darum möchte ich in diesem Artikel das passiv-aggressive Verhalten von Trainer*innen reflektieren. Passiv-aggressive Methoden können Sportler*innen Stress bereiten, zum Teil mit schweren Folgen!

Es gibt Menschen, die auf süffisante und passive Weise ihre Aggression – quasi durch die Hintertür – zum Ausdruck bringen. Hier ein paar Beispiele:

Andreas war 2 Sekunden von seiner Bestzeit entfernt. Er geht zu seinem Trainer, der ihn ignoriert und für den Rest des Tages nicht mit ihm spricht.

«Klar, dass Sabine wieder zu spät kommt! Mit mir kann man es ja machen.»

«Ja, alles okay» sagen und genervtes Verhalten sprechen lassen (Doppelbotschaften).

Franziska hat ein durchschnittliches Spiel und wird ausgewechselt. Die Trainerin sagt zu Franziska vor der Mannschaft: „Du hattest heute wohl keine Lust zu spielen?“. Jedes Wort trieft vor Sarkasmus.

«Mach dir eine schöne Zeit! Ich komme schon alleine klar» behaupten, mit einem Tonfall, der was anderes ausdrückt. Auch Mimik und Gestik sind nicht kongruent zur Aussage.

Ein verletzender Satz wie ein Messerstich, anschliessend Grinsen und der Kommentar: «Nur Spass!» (Pseudohumor).

Schweigen! Um andere zu bestrafen oder ein Gefühl von Unsicherheit zu vermitteln. Direkte Konfrontationen werden vermieden, dafür lieber die kalte Schulter zeigen.

Vielleicht haben Sie solch eine Situation bei einer Sportveranstaltungen oder im Training selbst miterlebt oder erlebt – egal ob Sie Trainer*in, Sportler*in oder Elternteil sind.

Die Ursprünge für passiv-aggressives Verhalten

Menschen, die sich häufig passiv-aggressiv verhalten, stammen oft aus liebenden, aber sehr fordernden Familien.

Emotionen wie Wut durften in der Kindheit nicht gezeigt werden. Stattdessen wurde gelernt, dass dieses Gefühl falsch ist und zu unterdrücken ist („Braves Mädchen“-Konditionierung).

Die eigenen Bedürfnisse oder gar die eigene Meinung zählt sowieso nicht. In der Kindheit wurde gelernt, sich zurückzunehmen, woraus ein starkes Bedürfnis entstehen kann, anerkannt und respektiert zu werden. Das Gefühl minderwertig zu sein, führt zu grossem seelischem Frust.

Als Form der Kommunikation kann das passiv-aggressive Verhalten von den Eltern übernommen werden.

Es gibt nicht den einen Grund für passiv-aggressives Verhalten und/oder die passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung. Meist handelt es sich um ein Zusammenspiel aus Minderwertigkeitsgefühlen, pessimistischer Lebenseinstellung, Erziehung und anderen psychosozialen Faktoren.

Die Zusammenarbeit mit passiv-aggressiven Menschen ist anstrengend, weil ihre Kommunikation verwirrend und mehrdeutig ist und sie nichts dafür tun, um für Klarheit zu sorgen. Im Gegenteil! Zu Beginn geben sie sich kooperativ, sind aber bei den ersten Forderungen oder Anordnungen verstimmt. Diesen Ärger bringen sie nicht zur Sprache. Es brodelt innerlich. Diese Menschen sind auch oft neidisch, eifersüchtig, rachedurstig und wütend.

Kindlich-trotzig statt erwachsen

Menschen mit passiv-aggressiven Zügen wirken auf mich wie bockige Kinder. Ständig beleidigt. Sie wollen, dass man sich ihnen zuwendet und fragt, was los ist. Jedoch wird eine offene und direkte Kommunikation verweigert.

Menschen, welche passiv-aggressives Verhalten anwenden, verfügen nicht über die kommunikativen und/oder emotionalen Fähigkeiten, um mit unangenehmen Ereignissen oder Konfliktsituationen souverän umzugehen.

Altmodische Coaching-Methode im Sport

Die passiv-aggressive Methode wird (leider immer noch) von einigen Trainer*innen angewendet. Es gibt sogar Trainer*innen, die der Meinung sind, dass diese Form der Manipulation eine akzeptierte und gar förderliche Form des Coachings sei.

Heutzutage ist diese Methode (Manipulation!) ein inakzeptabler Ansatz. Das Wohlbefinden der Sportler*innen ist ein Grundpfeiler für die spätere sportliche Entwicklung und Leistung.

Solche Trainer*innen nehmen somit eine autoritäre Rolle ein und senden damit die Botschaft, dass niemand dieses Handeln in Frage stellen sollte. Nach dem Motto: «Ich weiss es am besten, tu was ich sage!».

Erschreckend ist auch: Untersuchungen im Sport zeigen, dass passiv-aggressive Führung zu Depressionen, Unzufriedenheit und psychischen Belastungen führen kann.

Wenden Sie passiv-aggressive Methoden an?

Konnten Sie sich in einigen der zuvor beschriebenen Beispiele wiederfinden? Vielleicht haben Sie nicht bemerkt, dass Sie dieses Verhalten anwenden. Und jetzt?

Wenn Sie von einer Leistung enttäuscht sind, könnten Sie sagen: «Wie fühlst du dich? Lass uns später über deine Leistung sprechen – wenn wir Ruhe haben.“ Auf diese Weise verbinden Sie sich mit ihrem Gegenüber. Ihr Gegenüber nimmt wahr, dass Sie Emotionen widerspiegeln können und bereit sind zusammenzuarbeiten.

passiv-aggressives-verhalten

Achten Sie bitte dabei auf ihre Körpersprache, dass Sie keine passiv-aggressiven Botschaften subtil übermitteln. Sonst wirkt ihr Verhalten – zum Gesagten – unglaubwürdig und inkongruent.

So lernen Sportler*innen, dass eine schlechte Leistung etwas ist, das auf positive und konstruktive Weise angesprochen werden kann – anstatt eine Mauer des Schweigens. Denn: Wohlwollende Kommunikation ist ein Eckpfeiler eines guten Coachings!


Eine kleine Checkliste, mit deren Hilfe Sie feststellen können, ob Sie einen befriedigen Grad an emotionaler Reife besitzen:

  • Können Sie Enttäuschung ausdrücken, ohne Vorwürfe zu machen?
  • Können Sie sich mit anderen Menschen freuen? So richtig mitfreuen?
  • Können Sie über ihre eigenen Schwächen auch mal lachen?
  • Können Sie sich und andere als menschliche Wesen ansehen, die zuweilen Fehler machen?
  • Können Sie einen Fauxpas als Fehler sehen, ohne ihn gleich für eine gezielte Bosheit zu halten?
  • Können Sie Probleme flott lösen, indem Sie die Initiative ergreifen – statt totzuschweigen?
  • Können Sie in unterschiedlichen Situationen souverän bleiben, ohne überraschende Aktionen, da Sie ein gut integriertes Selbst haben?
  • Können Sie fair und objektiv bleiben, gleichzeitig zwischen Zurückweisung und Notwendigkeit unterscheiden?

Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden

In Bezug auf Sarkasmus und andere Formen von „Einzeilern“ sollten Sie sich sofort dazu verpflichten, keinen Sarkasmus oder Ironie anzuwenden! Als professioneller Coach sind Sie eingestellt, die emotionale, soziale und körperliche Entwicklung eines Menschen zu begleiten.

Als Trainer*in sind Sie auch nicht als Late-Night-Comedian eingestellt, bei dem Sarkasmus und Feindseligkeit erwartet wird. Sarkasmus ist ein Stilmittel, das darauf abzielt, Personen zu verspotten (um sich selbst zu erhöhen, indem die Person sich überwiegend auf die negativen Eigenschaften anderer stürzt) und sind verletzend.

Es ist ein Mittel um billig Applaus auf Kosten anderer zu erhalten. Dabei wird vergessen, dass dies einhergeht mit langfristig höheren Kosten.

Trainer*innen sollten natürlich humorvoll und fröhlich sein. Starten Sie mit Freundlichkeit und erweitern Sie von dort aus Ihre Kompetenzen. Freundlichkeit ist eine innere Grundhaltung, eine Attitüde, seinen Mitmenschen freundlich begegnen zu „wollen“.

Freundlichkeit ist im Alltag so selten geworden, dass es manche schon mit Flirten verwechseln.

Humor ist eine angenehme Art, das Leben anzupacken und er erleichtert uns die Reaktion auf Probleme. Emotional reife Menschen haben gewöhnlich einen ausgeprägten Frohsinn und lösen mit ihrer unbeschwerten Art mitunter jede Spannung einfach auf.

Statt Achselzucken, sollten Sie sich selber coachen lassen!

Trainer*innen konzentrieren sich oft darauf, technisches Wissen zu verbessern. Sei es Physiologie, Biomechanik oder mentale Vorbereitung. Genauso wichtig sind aber auch Führungs- und Kommunikationsfähigkeiten.

Investieren Sie in Mentor*innen, um aktuelle und zukünftige Verhaltensweisen zu reflektieren und zu besprechen.

Besser noch ist die Zusammenarbeit mit Psycholog*innen, welche bei aktuellen/zukünftigen Verhaltensweisen professionell unterstützen. So könnte man zum Beispiel ergründen, ob es in der Vergangenheit Erfahrungen gab, welche Ihre Fähigkeit und Bereitschaft im Umgang mit Konflikten beeinflussen.

«Ich bin halt so. Mein Charakter!» bringt Sie nicht weiter, denn fast immer findet man in den ersten zehn bis zwölf Lebensjahren Situationen und Beziehungserfahrungen, die verstehbar machen, warum sich jemand als Erwachsener so verhält.

Nach meiner Auffassung gibt es kaum eine bessere Herangehensweise, eine positive Grundhaltung zu stärken. Ebenso kann es eine Entlastung sein, sich an eine neutrale Person zu wenden, die entsprechendes Fachwissen mitbringt.

Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden! Und dabei wünsche Ihnen viel Freude und erkenntnisreiche Momente.

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Personal Trainerin mit Kopf, Herz & Hand

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