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Spieglein, Spieglein an der Wand… – Gedanken zu Facebook, Instagram & Co.

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land? Leg noch einen Filter drauf, vielleicht klappt’s dann auch mit der Stiefmutter.

Wir alle tragen den Spiegel unserer Eitelkeit mit uns herum. Bei mir steckt er meist im Jutebeutel und kann natürlich mehr als einst im Märchen.

Mein Spiegel zeigt mir wann immer ich die grosse Sehnsucht verspüre, mich mal wieder selbst zu sehen, nicht nur mein Ebenbild, er macht auch gleich noch Fotos und Videos von dem wichtigsten und wahrscheinlich schönsten Menschen auf dem geeeeeeeeeeesaaaaaaaaamten Planeten: von mir!

Und wenn einem etwas wirklich Schönes passiert, also ich mir passiere, was für ein Bedürfnis hat man dann so ganz selbstverständlich? Teilen. (Wir scheinen alle sozialer geworden zu sein. Waren die Menschen ohne Internet egoistische Einsiedler?!)

Schaut! Ich am Strand, ich im Bad, ich in der Küche, ich im Wald, ich gerade aufgewacht, ich glücklich, ich trinke Smoothies. Meine neuen Sneakers, meine beste Freundin. Ich in Saint Tropez, ich in der Limousine, ich im Flugzeug, ich und mein Superfood…

Nicht, dass jemand übersieht, wie gut ich heute aussehe, oder dass ich gerade den Urlaub meines Lebens mache. Ich möchte dem Rest der Welt mitteilen wer ich bin – beziehungsweise wer ich gerne wäre!

Unser soziales Hirn funktioniert wie eine Suchmaschine für Resonanz: Jedes Mal, wenn wir uns gewollt und anerkannt fühlen, schüttet unser Organismus Dopamine und Endorphine aus, die uns in einen Zustand der Selbstrealisation versetzen: Jemand sieht uns, also sind wir! 

Seit 20 Jahren heisst es doch, dass das Wunderbare Wesen des Internets die Verbindung sei. Es bringt Menschen, Ideen, Initiativen und Weltrettungen zusammen. Ehemalige Schulfreunde können sich, dank dem Internet wiederfinden und Plastikmüllvermeider ihr Wissen austauschen. Das ist wahr! Gleichzeitig wächst die Einsamkeit! 

Ein like, ein love, ein care

Werden auf Nachfrage bei social-media NutzerInnen stets Vorteile wie Vernetzung, Kommunikation oder Austausch eloquent betont, so steckt im Grunde in den meisten Fällen tiefenpsychologisch ein anderes Motiv dahinter: Selbstdarstellung mit der Hoffnung eines positiven FeedbacksDie Selbstdarstellung geprägt durch Eitelkeit; gesucht wird Bestätigung, die zur Selbstwerterhöhung führt.

Die social-media NutzerInnen lieben es sich darzustellen, vor allem, wenn sie durch Aufmerksamkeit belohnt werden. Leider führt das in eine Spirale: Der Content wird oft gar nicht „frei aus dem Bauch heraus“ produziert: er wird kuratiert.

Der Post darf nicht lang sein. Ein cooler Spruch, am besten ein Bild, vielleicht sogar ein Emoticon. Eine Frage kommt auch immer gut. Dann um die richtige Uhrzeit online stellen. Fertig ist der perfekte Post. 

Die social-media NutzerInnen wissen, was ihre Follower ganz besonders mögen und schaffen Inhalte für diese Follower. Für ein like.

Tja, einmal klicken ist weitaus einfacher, als die Zeit aufzubringen, jemanden von Angesicht zu Angesicht zu begegnen und wirkliches Interesse und Empathie entgegenzubringen. Wie viele der Menschen, die uns liken, würden sich die Mühe machen, uns ihr Gefallen persönlich mitzuteilen? Bei wie vielen können wir von wirklicher Achtung, Wertschätzung oder Liebe sprechen?

Schöne Grüsse!

 


Ich bin nicht perfekt, und Du musst es auch nicht sein!

 

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