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Positives Denken ist die Philosophie der Heuchelei – „Bitte lächeln“.

Die Ratgeber zum positiven Denken stapeln sich in Bücherregalen. Tatsächlich warnen aber Psychologen vor dem negativen Effekt der Positivitätsbewegung: „Toxic Positivity“. Die toxische Positivität ist im englischsprachigen Raum ein Begriff – jedoch im deutschen Sprachraum weniger bekannt.

Toxische Positivität beschreibt eine Verhaltensweise, in der krampfhaft nach guter Laune und positivem Denken gestrebt wird, um sein Leben glücklich und erfüllt zu leben – und für jedermann geeignet.

Negativen Gedanken soll keine Aufmerksamkeit geschenkt werden. Noch besser: Es soll gelächelt werden, auch wenn einem nicht danach ist. In unserer leistungsorientierten Gesellschaft ist es ein Ideal geworden: Optimismus, Erfolg und Selbstbejahung.

Beispiele für toxische Positivität

„Positiv denken!“

„Glück ist eine Wahl!“

„Mindset ist alles!“

„Niemals aufgeben!“

„Sehe in allem etwas Gutes!“

„Du schaffst das!“

„Was dich nicht umbringt, macht dich stärker/härter!“

„Bitte lächeln!“

„Es ist alles nur in deinem Kopf‘!“

„Denk einfach an etwas Schönes!“

Wenn ich solche Sätze höre, fühle ich mich missverstanden und alleine gelassen. Es sind destruktive Ratschläge. Einheitsbrei. Leere Hüllen und aussagelose Phrasen, welche das Oberflächlichkeitsphänomen pushen. Gute Laune auf Befehl.

Diese Good-vibes-sprüche sind emotional ungesund und führen zu oberflächlichen Beziehungen. Wahre Beziehungen erfordern Tiefe und das Besprechen von Schmerz und Ärger.

Das sagt die Wissenschaft

Wissenschaftliche Untersuchungen dokumentieren eindeutig die körperlichen und psychischen Vorzüge einer optimistischen Lebenshaltung. Was jedoch die förderlichen Folgen des positiven Denkens ins Gegenteil verkehren kann, ist der Zwang, dem sich viele Menschen aussetzen: Krampfhaft, alle negativen Emotionen und Gedanken aus dem Leben verbannen und am Glück festhalten.

Der Zwang zum positiven Denken kann beispielsweise für Opfer von Traumata schädlich sein, warnt Scott Lilienfeld, Psychologie-Professor an der amerikanischen Emory-Universität in Atlanta (der Link zum Artikel ist leider nicht mehr verfügbar). Es ist daher wichtig, individuelle Unterschiede zu respektieren, denn ein Patentrezept für alle gibt es nicht!

Ich persönlich möchte nicht blind irgendwelchen Illusionen hinterherlaufen, nur weil es alle anderen tun. Ich möchte nicht die Schatten aussparen – das Auf und Ab – welches zu jedem Menschen und jedem Leben gehört.

Positives Denken ist die Philosophie der Heuchelei

Wenn einem zum Heulen ist, soll man singen. Das kann zwar gelingen, wenn man es versucht, aber die unterdrückten Tränen werden an anderer Stelle, in einer anderen Situation wieder hochkommen. Unterdrückung hat Grenzen. Und das Lied, das man gesungen hat, war ohne Bedeutung, ohne Gefühl; es kam nicht aus dem Herzen. Es entsprach nur dieser Philosophie, die besagt, dass man sich immer für das Positive entscheiden soll.

Positivität ist natürlich nicht an sich toxisch und eine optimistische Haltung zur Welt ist sehr hilfreich, für unsere mentale Gesundheit.

Allerdings ist die Wirksamkeit limitiert und positives Denken allein ist längst kein Allheilmittel für jegliche Probleme oder Herausforderungen, die das Leben uns stellen kann. Und auch hier verhält es sich wie mit zahlreichen anderen Dingen: Zu viel des Guten ist dann eben doch nicht gut.

Manchmal müssen wir direkt und schonungslos ehrlich sein, um uns weiterentwickeln zu können. Einfach Mensch sein!

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Ihre Personaltrainerin

 

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